Bauernopfer für Herrn Brüderle oder Demontage?

Unglaublich, aber inzwischen in Deutschland üblich. Ein Politiker lügt und ein anderer opfert sich für ihn. Gestern las ich in meinem derzeitigen Lieblingsblog über Herrn Brüderle, FDP und seine Aussagen in einer Sitzung mit Größen des BDI (Bundesverband der deutschen Industrie). Da hatte er und das darf einem Politiker einfach nicht passieren, die Wahrheit über das Zustandekommen des Moratoriums zu den AKWs in Deutschland gesagt.

Ausweislich des Protokolls der Sitzung gibt Brüderle darauf eine folgenschwere Antwort: „Der Minister bestätigte dies“, steht darin, „und wies erläuternd darauf hin, dass angesichts der bevorstehenden Landtagswahlen Druck auf der Politik laste und die Entscheidungen daher nicht immer rational seien.“

Zitat Süddeutsche Zeitung vom 24.03.2011

Es war sicher nur seine Wahrheit, denn nichts Genaues wußte er nicht, aber er sprach nur aus, was viele Menschen in Deutschland denken. So zumindest steht es im ersten veröffentlichen Protokoll über diese Sitzung. Politiker informieren sich nämlich meist erst dann, wenn sie vorher schon was dazu gesagt haben.

Herr Brüderle bestritt diese Äußerung und hätte eigentlich etwas anderes gesagt. Und der BDI spielt mit und sagt jetzt, dass Herr Brüderle etwas anderes gesagt und „man“ sich verschrieben hätte. Dumm gelaufen, das Kind ist in den Brunnen gefallen, denn der gesunde Menschenverstand weiß, dass ein Protokollführer sich nicht so verschreiben kann und auch eine Sekretärin sich nicht so vertippen kann.

Wie kann man aus dem Satz …„Wir wollen das Zeitalter der erneuerbaren Energien schnellstmöglich erreichen“ … folgendes heraushören:dass angesichts der bevorstehenden Landtagswahlen Druck auf der Politik laste und die Entscheidungen daher nicht immer rational seien.“ Das ist auch bei sehr viel gutem Willen nicht nachzuvollziehen.

So sah das gestern auch die Opposition im Bundestag, für die sowas natürlich eine Steilvorlage ist, die sie nur noch ins Tor schießen muss.

Umso größer ist jetzt mein Erstaunen, dass jemand zurücktritt, der für die Aussagen eines Herrn Brüderles nun wirklich nichts kann. BDI-Chef Schnappauf übernimmt die politische Verantwortung für die Folgen einer Indiskretion, an der er persönlich nicht beteiligt war. Aha, doch eine Indiskretion. Der Rücktritt macht die ersten Aussagen von Herrn Brüderle nur noch glaubhafter.

Ist das jetzt ein Bauernopfer oder doch eher eine Demontage des Herrn Brüderle? Für mich letzteres. Ob gewollt oder ungewollt, auch dieser Rücktritt wird sich vermutlich bei den beiden Landtagswahlen am Wochenende auswirken und zwar nicht zu Gunsten der FDP.

2 responses to this post.

  1. Ich freue mich ja über jeden Leser und noch mehr über jeden Link ;)

    Ich denke der Rücktritt Schnappaufs hat mit Brüderle selbst jetzt gar nicht so viel zu tun als vielmher damit, dass er sich durch die Veröffentlichung des ehrlichen Protokolls bei den Führungsriegen der deutschen Wirtschaft unmöglich gemacht hat. Wo kommt man denn hin, wenn der BDI einfach bekannt gibt, was tatsächlich in seinen Kreisen gesagt & gedacht wird. Ein guter BDI Vorsitzender lässt unbequeme Zitate (Wahrheiten) einfach unter den Tisch fallen – das ist eine Kernkompetenz. Das traurige ist, dass Presse und Menschen sich hierzulande kaum noch über so etwas empören, selbst wenn es bekannt wird. Das sagt schon viel aus über Presse und Menschen in diesem Land…

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  2. […] Rheinland-Pfalz ist Herr Brüderle nur ein kleines Rädchen in der „großen“ Politik. Aber auch kleine Räder wirbeln Staub auf und das noch vor der Wahl.  Sie schaffen es sogar Leute zum Rücktritt zu bewegen, die nie daran […]

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